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Mittwoch, 12. Oktober 2016

Der Sünderchor von Claudia und Nadja Beinert

Bildquelle: Droemer Knaur
Der Sünderchor 
 
Autorinnen: Claudia und Nadja Beinert
Klappenbroschur, Knaur TB
Erscheinungsdatum: 01.09.2016
560 Seiten
ISBN: 978-3-426-51651-5



 

1248 zwischen Weimar und Sömmerda in der Nähe des Ettersbergs. Da lag damals die Burg Neumark, heute ein Dorf. Hortensia soll verheiratet werden. Im Vergleich zu ihrem Bräutigam, ein Sohn eines angesehenen Waidhändlers aus Erfurt, ist sie von niederem Stand. Denn ihr Vater ist nur der Burgschreiber von Neumark. Doch das junge Mädchen will diesen Goswin aus Erfurt nicht heiraten und verlässt im Groll das Haus ihrer Eltern. Dass sie sich nie wieder mit ihnen versöhnen kann, muss sie wenige Stunden später erkennen, als die Burg Neumark überfallen worden war.

Hortensia, das Herbstmädchen

Die 17jährige spielt eine tragende Rolle in diesem Roman und wird dabei ein Spielball der Politik. Sie lässt sich vom Meißner Markgrafen einspannen, der gegen den verhassten Halbbruder, dem Bischof von Naumburg, angehen will. Das in politischen Belangen naive Mädchen lässt sich auf den Handel ein, da sie doch ihr Leben dem Markgrafen verdankt. Erst später wird ihr klar, dass dieser Mann für den Tod der eigenen Familie verantwortlich ist und sie zur Waise gemacht hat. Doch kann sie ihre Fehler mit dieser Erkenntnis wieder gut machen? Und wird der Hintergangene ihr auch ihr Handeln verzeihen können?

Matizo von Mainz

Ist er der Mann, der später als Meister von Naumburg in die Geschichte eingehen wird? Zumindest hat dieser Mann einen langen Leidensweg hinter sich, wie auch noch vor sich. Diesen Weg wird auch Hortensia kreuzen, bis er endlich von seiner Vergangenheit befreit wird. Etwa die Hälfte des Buches gibt es nur Andeutungen zu einem Matthäus und der Leser kommt auf den Gedanken, dass Matizo, der seine Arbeit so sehr liebt, so feinfühlig auf den Stein reagiert, ein Mörder sein könnte. Doch ist er das wirklich oder hat es mit diesem Matthäus etwas ganz anderes auf sich? Der Leser wird es im Laufe der Geschichte erfahren und sehr erstaunt über die Wahrheit sein.

Wobei man, wie man den Erklärungen im Nachwort entnehmen kann, gar keine Aufzeichnungen über den Naumburger Meister existieren, in diesem Roman dem Mann ein Gesicht gibt. Da es verschiedene Thesen und Vermutungen über seine Herkunft gibt, wird man diesen Varianten gerecht. Einmal das Aussehen, das eher einem Franzosen ähnelt und dazu seine scheinbar deutsche Herkunft, die im Buch recht spät offenbart wird. Hier haben die Autorinnen einen Menschen lebendig werden lassen, wo man verschiedene Lebensläufe noch heute unter Wissenschaftlern für möglich hält.

Macht, Kampf und Liebe

Die Geschichte um den Bau des Naumburger Westchores spielt zur Zeit des Thüringer Erbfolgekrieges. Aus aus diesem Grund war die Burg Neumark im Auftrag des Markgraf von Meißen überfallen worden. Es geht dabei ausschließlich um die Übernahme des Titel Landgraf von Thüringen mit seinen Ländereien, auf die Heinrich III. von Meißen Anspruch erhebt. Doch damals wie heute, melden auch andere Erben ihre Ansprüche an und es kommt nicht selten zu kämpferischen Auseinandersetzungen.

So auch der Kampf um den Bau des Westchores. Hier wird er auf künstlerischer Ebene ausgefochten, denn der Markgraf von Meißen fordert seinen Halbbruder, den Bischof heraus. Jeder hat einen Meister beauftragt, der den Anbau an die Kathedrale planen soll. Am Ende soll das Volk auf gleicher Ebene mit den Adligen und Geistlichen entscheiden, welche Pläne umgesetzt werden. Dabei wird auch der Machtkampf zwischen deutschem Kaiser und dem Papst aufgezeigt.

Natürlich darf in einem solchen Roman auch nicht die Liebe fehlen. Die bleibt lange, egal wer liebt, lange unerwidert. Goswin von Archfeld, der Waidhändlersohn liebt Hortensia und setzt alles daran sie wieder zu finden. Vor allem nachdem ihm klar wird, dass sie den Überfall auf die Neumarker Burg überlebt hat. Doch das Herbstmädchen, wie sie immer liebevoll von ihren Eltern genannt wurde, hat ihr Herz schon lange an einen anderen Mann verloren. Sie wollte Goswin nicht heiraten und wehrt sich auch nach dem erneuten Wiedersehen, zwei Jahre nach dem Überfall, gegen diese Verbindung. Doch kann sie wirklich eine auf eine Zukunft mit dem Mann hoffen, den sie liebt, aber doch so bitter enttäuscht hat?

Das Buch

Der Roman besteht aus geschichtlich belegten Fakten und Fiktion. Wie schon geschrieben wurde dem Erschaffer des Westchores ein Gesicht verliehen, da über ihn nichts überliefert wurde. Auch andere Fakten, die zwar belegt sind, wurden dem Roman ein wenig angepasst. Darüber wird aber im Nachwort aufgeklärt. Trotz dass man sich an mancher Stelle die Geschichte ein wenig zurecht gebogen hat, ist es von der ersten bis zur letzten Seite spannend. Als Leser will man seine Hauptfiguren begleiten, hofft ständig, dass von den angedeuteten Geheimnissen aus der Vergangenheit etwas ans Licht kommt. Und ich gebe zu, dass es nur wenige Autoren gibt, die es schaffen mich alles vergessen zu lassen, weil ich das Buch nicht aus der Hand geben mag. Hier wurde es eindeutig vollbracht und ich kann den Roman nur jedem Leser empfehlen, der sich auch gern mit der Geschichte der Deutschen befasst.